Eine Gruppe junger Frauen macht zusammen Sport, dies hat eine stimmungsaufhellende Wirkung.

Was ist Glück und wie wie werden wir glücklich?

Eine Reihe von Botenstoffen «befeuert» Nerven in bestimmten Hirnregionen. Das Ergebnis: Glücksgefühle. Lernen Sie, welche Hormone wie wirken und wie Sie für mehr Glücksgefühle sorgen können.

23. Oktober 2024
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Dopamin sorgt für den Kick

Der Nervenbotenstoff Dopamin aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn, schafft Vorfreude und verursacht den «Kick». Für eine kurze Zeit ist der Mensch dank des Dopamins glücklich – und wenn der Effekt verebbt, strebt er danach, diesen Dopamin-Rausch wieder zu erleben. Denn Dopamin treibt an, will mehr, weckt Verlangen. Computerspiele beispielsweise werden oft so entworfen, dass sie über Belohnungen immer wieder zum kurzen Dopamin-Kick führen. Im Gehirn wird Dopamin in Noradrenalin umgewandelt. Dieser Botenstoff erhöht sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Leistungsbereitschaft. Ältere Menschen produzieren meist weniger Dopamin als jüngere. Das trägt dazu bei, dass sich Glück im Alter anders anfühlt als in der Jugend.

Die Kehrseite des Dopamins: Bei manchen Menschen kann das Verlangen nach mehr in eine unersättliche Jagd nach dem Kick münden und dazu führen, dass sie immer grössere Wagnisse eingehen. Leider führen auch viele Drogen oder die Spielsucht zum Dopamin-Kick. Das macht es schwer, wieder davon loszukommen.

Serotonin für die ruhige, zufriedene Ausgeglichenheit

Der entspannte Gegenspieler des Dopamins ist das Glückshormon Serotonin. Es bewirkt ein Gefühl der ruhigen, zufriedenen Ausgeglichenheit, «zum Beispiel nach einem guten Essen, wo du nur denkst: Morgen verbessere ich die Welt wieder, heute Abend ist sie okay, wie sie ist. Serotonin bleibt zu Hause.» So erklärt der Kabarettist und Arzt Eckart von Hirschhausen die Wirkung des Serotonins in seinem Buch «Glück kommt selten allein». Viele Medikamente, die gegen Depression eingesetzt werden, verstärken die Wirkung von Serotonin. Um diesen Botenstoff herzustellen, brauchen die Nervenzellen die Aminosäure Tryptophan.

Endorphine bewirken das Runner's high

Chemisch sind die Endorphine dem Opium verwandt. Sie bewirken ein Hochgefühl und werden zum Beispiel ausgeschüttet, wenn ein Verlangen gestillt wird. Auch beim Sport produziert der Körper die auch schmerzlindernd wirkenden Endorphine. Das trägt zu einer euphorischen Stimmung bei und ist einer der Gründe, warum viele Athletinnen und Athleten ihren Sport geradezu brauchen. Das «runner’s high» ist nicht zuletzt den Endorphinen im Hirn der Läuferin und des Läufers zu verdanken.

Drei Männer machen zusammen Sport, um ihre Stimmung anzuheben.

Oxytocin - das Bindungshormon

Dieser Botenstoff wird auch Kuschelhormon oder Bindungshormon genannt. Er fördert das Vertrauen zu anderen Menschen und die zwischenmenschliche Wärme. Auch wenn sich aus einer Verliebtheit eine tiefe innere Bindung zur Partnerin oder zum Partner entwickelt, ist Oxytocin im Spiel. Ebenso, wenn ein guter Vertragsabschluss gelingt, und selbst bei der wohlig über den Rücken laufenden Gänsehaut beim Hören bestimmter Musikstücke. Oxytocin wird beim Sex ebenso wie beim Stillen ausgeschüttet. Das Mutterglück ist also auch ein Oxytocin-Glück.

Anandamid entspannt

Der Name ist Programm. Denn das indische Wort «Anandam» bedeutet «Glück». Dieses Hormon gehört zu den sogenannten Cannabinoiden. Das sind körpereigene Stoffe, die chemisch dem Cannabis verwandt sind. Sie entspannen und schützen Hirnzellen vor Überstimulation. Auch dunkle Schokolade enthält übrigens Substanzen, die im Gehirn die Cannabis-Rezeptoren aktivieren können. Wie gross der Effekt der kleinen Konzentration dieser Substanzen ist, bleibt jedoch unklar.

Ist glücklich sein beeinflussbar?

Wie glücklich sich ein Mensch insgesamt fühlt, ist in westlichen Ländern im Durchschnitt zu etwa 50 Prozent den ererbten Genen zu verdanken oder entscheidet sich sehr früh im Leben. Zu rund 40 Prozent sei der Mensch seines eigenen Glückes Schmied. Etwa zehn Prozent des Glücksgefühls seien den momentanen äusseren Umständen zu verdanken – sagt zum Beispiel die Glücksforscherin Sonja Lyubomirsky. Die Hypothese der US-Professorin könnte erklären, weshalb zum Beispiel ein Lottogewinn zwar kurzfristig sehr glücklich machen kann, langfristig aber das Glücksgefühl nicht anhält. Tröstlich ist, dass der angeborene Teil des Glücks zwar hoch ist, aber nicht lebensbestimmend sein muss. Denn auch Menschen ohne schöne Kindheit glückt es, glücklich zu werden.

Tipps für mehr Glück

Glücklich ist oft, wer vergnüglich oder engagiert lebt oder ein höheres Ziel verfolgt. Am besten ist es, alle drei Bereiche auszuleben.

Tipp 1: Anderen (und damit auch sich) Gutes tun

«Viele Studien haben gezeigt, dass Menschen glücklicher werden, wenn sie ihre schon vorhandenen Charakterstärken und moralisch positiv bewerteten Eigenschaften im Alltag auf eine neue Art einsetzen», sagt der Psychologie-Professor und Glücklichkeitsforscher René Proyer von der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg. Er empfiehlt, zuerst die eigenen Stärken besser kennenzulernen. Beispielsweise mit Hilfe des kostenlosen Fragebogens unter www.charakterstaerken.org. In einem nächsten Schritt gehe es darum, diese Stärken auf eine neue Art auszuleben. Damit tun Sie sich sowohl selbst etwas Gutes als auch den anderen. Beides macht glücklicher. «Wenn man seine Stärken einsetzt, erlebt man mehr positive Emotionen. Sie können eine Quelle kleiner Glücksmomente sein. Indem man sie vermehrt einsetzt, schafft man sich neue Möglichkeiten, um Energie und Freude zu schöpfen», so Proyer.

Tipp 2: Dankbarkeit üben

Manche Menschen gaben im richtigen Moment einen guten Tipp. Oder sie unterstützten einen dann, als es darauf ankam. Sie waren zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben unglaublich wichtig – aber sie wissen das gar nicht. Höchste Zeit, ihnen mit einem Brief zu danken! Beim Schreiben erinnert man sich an die Situation damals, denkt sie nochmals durch und stärkt dabei das Gefühl, dass es gelingen kann, auch schwierige Lagen zu meistern. «Solche Dankbarkeitsbriefe werden von den Schreibenden oft als sehr erleichternd und positiv empfunden», sagt René Proyer. Ist der Brief fertig, gibt es drei Möglichkeiten: Man behält ihn für sich. Man schickt ihn der betreffenden Person und meldet sich vielleicht einige Zeit später persönlich. «Die dritte Möglichkeit erfordert den meisten Mut, führt aber oft auch zu tief bewegenden Momenten: Man überbringt den Brief persönlich und liest ihn der Person vor», sagt Proyer. Zu oft steht das «Problemdenken» im Vordergrund. Anstatt darüber zu grübeln, was noch nicht gut läuft und verbesserungsfähig ist, geht es bei Übungen zur Dankbarkeit darum, die positiven Seiten des Lebens stärker wahrzunehmen.

Eine Frau führt ein Dankbarkeitstagebuch, um die positiven Seiten des Lebens stärker wahrzunehmen.

Tipp 3: Ein Tagebuch schöner Ereignisse führen

Wer eine Woche lang jeden Abend fünf Minuten lang über die drei besten, die drei lustigsten oder aber die drei verspieltesten Dinge nachdenkt, die sie oder er an diesem Tag erlebt hat, wird glücklicher. René Proyer zufolge lässt sich diese Wirkung sogar noch bis zu sechs Monate später nachweisen. «Am besten funktioniert das, wenn es regelmässig gemacht wird», sagt der Psychologe. Es bewirke, dass man länger als sonst über positive Erinnerungen nachdenke. Mit der Zeit könne man auf diese Weise ein «Tagebuch positiver Veränderungen» aufbauen.

Tipp 4: In Bewegung sein

Es gibt Studien, in denen half Sport genauso gut gegen eine Depression wie eine Psychotherapie oder wie Antidepressiva. Warum also nicht diese stimmungshebende Wirkung im Alltag nützen? Sport kann Erfolgsgefühle vermitteln, Stressgefühle reduzieren, das Selbstwertgefühl stärken, das Durchhaltevermögen steigern, den Teamgeist fördern und auch das gesellige Miteinander. Das ist aber noch nicht alles. Training tut – von den Knochen bis zu den geistigen Leistungen – dem ganzen Körper gut. Es reduziert das Risiko für diverse Krebserkrankungen, verbessert den Schlaf, beugt Diabetes und Herzinfarkt vor, senkt den Blutdruck sowie das Cholesterin – und macht das Leben glücklicher. Ideal sind mindestens drei Trainingseinheiten à 30 Minuten wöchentlich mit mittlerer Intensität. Das bedeutet, dass man bei dieser Anstrengung noch sprechen, aber nicht mehr singen kann, ohne ausser Atem zu geraten.

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