Konstanz ist das Wichtigste
Willst Du Dich langfristig verbessern, dann vermeide längere Trainingsunterbrüche. Das hat verschiedene Gründe: Erstens bilden sich Trainingsanpassungen auch wieder zurück, wenn der Körper den Eindruck erhält, dass diese Leistungsfähigkeit aktuell nicht mehr benötigt wird. Selbstverständlich gibt es mal eine Woche, in der Du nicht zum Training kommst, oder Du wegen einer Grippe zwei Wochen ausser Gefecht gesetzt bist, aber das sollte die Ausnahme und nicht die Regel sein. Denn sonst erreichst Du den wichtigen zweiten Aspekt nicht: Trainierte Personen sind in der Lage, höhere Trainingsreize zu setzen, zu verarbeiten und dadurch grössere Anpassungen zu erzielen – und das geht nur, wenn Du Deine Leistungsfähigkeit auf einem hohen Grundniveau hältst. Der dritte Aspekt ist schlicht und einfach, dass der Körper eine gewisse Zeit bzw. eine sehr hohe Reizhäufigkeit benötigt, bis er sich an die neuen Anforderungen angepasst hat. Dazu zählen neben Anpassungen des passiven Bewegungsapparates, beispielsweise bei Knochen, Bänder, Sehnen und Knorpel, auch Anpassungen in der Energiebereitstellung – und hier besonders beim Fettstoffwechsel.
Es geht weder ohne Intensität noch ohne Volumen
Gerade Einsteiger*innen, mit noch sehr wenig Trainingseinheiten pro Woche, profitieren zu Beginn sehr stark von intensiven Trainingseinheiten, also Einheiten mit hohen Herzfrequenzen. Die kurzfristigen Anpassungen in der Sauerstoffbereitstellung versetzen sie rasch in die Lage, auf viel höherem Niveau die längeren vermeintlich lockeren Einheiten zu absolvieren und somit wieder einen höheren Trainingsreiz zu setzen. Lass Dich also nicht davon abschrecken, wenn Du zu Beginn bei vielen Einheiten eine vermeintlich hohe Herzfrequenz hast. Auch für fortgeschrittene Läufer*innen kann es durchaus Sinn machen bevor sie eine Phase mit hohen Trainingsumfängen starten, einen intensiven Block vorzuschalten und so den «Motor» richtig auf Touren zu bringen. So eine intensive Trainingsphase sollte aber maximal drei Wochen dauern mit anschliessender Regenerationswoche mit reduzierten Trainingsvolumen.
Anschliessend ist für Einsteiger*innen die Regelmässigkeit und Häufigkeit der absolvierten Trainings entscheidend. Die Anzahl der wöchentlichen Trainings ist abhängig von der läuferischen Vorerfahrung. Damit sich der passive Bewegungsapparat an die Belastung anpasst, sind anfänglich zwei Läufe pro Woche ratsam. Möchte man dann sein Trainingsumfang steigern, dann hat sich folgende Formel bewährt und schützt Einsteiger*innen vor Überlastungsverletzungen: «Zuerst die Häufigkeit der Trainings erhöhen, dann die Dauer jedes einzelnen Trainings.» Mehr als fünf Lauftrainings pro Woche sind auch für erfahrene Läufer*innen selten ratsam. Die meisten Anpassungsprozesse an das Training geschehen in der Regenerationsphase und daher sollte man dem Körper dafür ausreichend Zeit zugestehen.
Fortgeschrittene Läufer*innen müssen die Trainingsreize stärker differenzieren, um die gewünschten Anpassungen zu erzielen. Intensive Trainings, wie zum Beispiel Intervall-Trainings, erfordern auch eine im Vergleich zu lockeren Dauerläufen überproportional längere Regenerationszeit. Das ist ein wichtiger Grund, warum auch ambitionierte Läufer*innen über den Jahresverlauf nur 2-3 intensive Einheiten pro Woche absolvieren. Zudem wird sich der Fettstoffwechsel nicht verbessern, wenn der Organismus permanent überfordert ist und darum nicht auf den Fettstoffwechsel zurückgreift. Deshalb ist es wichtig dem Körper mit lockeren Einheiten die Möglichkeit zu geben, den Fettstoffwechsel zu verbessern. Die richtige Intensität zu treffen, ist dabei die Kunst. In den meisten Fällen werden die Einheiten etwas zu intensiv gestaltet, also zu schnell gelaufen. Flaches Gelände macht es einem einfacher die angestrebte Intensität möglichst konstant einzuhalten. Als Faustregel für die richtige Intensität gilt: Man kann sich während des Laufens mühelos unterhalten.
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Plane die Regenerationen zusammen mit den Intensitäten und fülle den Rest mit Umfang
Da ein schnelles Intervalltraining nur möglich ist, wenn Du erholst bist, aber ein lockerer Lauf fast immer geht, solltest Du die intensiven Trainingseinheiten zuerst planen. Anschliessend stellst Du sicher, dass Du Dich davon erholen kannst. Für die meisten Läufer*innen ist das dann ein wirklicher Ruhetag. Denn bis der Körper in der Lage ist, einen regenerativen Lauf zu absolvieren, bedarf es vorher viele Trainingsjahre und ein hohes läuferisches Niveau. Alternativ können all diejenigen, die von einem Ruhetag mehr gestresst als erholt sind, auf schonendere und leichter zu dosierende Bewegungen wie Radfahren oder Schwimmen zurückgreifen. Für die meisten Athlet*innen ist es aber empfehlenswert, sich am Ruhetag bewusst mit anderen Dingen des Lebens zu beschäftigen. Das nimmt Druck, erhöht die Motivation für die kommenden Einheiten und bewahrt zuverlässiger vor einem Übertraining. Nach einem intensiven Trainings- und Ruhetag kann dann eine lockere, längere Einheit absolviert werden. Diese Reihenfolge bringt noch weitere Vorteile mit sich. Zum einen ist man durch die Vorermüdung nicht verleitet zu schnell zu laufen und zum anderen kann die vorhergehende Entleerung der Kohlenhydratespeicher unter Umständen für eine Intensivierung der Anpassung des Fettstoffwechsels genutzt werden.
Variation und Progression sichern den langfristigen Leistungsaufbau
Ein häufiger Grund für das Ausbleiben einer weiteren Leistungssteigerung ist Trainingsmonotonie. Nicht nur der Motivation ist es zuträglich, wenn immer mal wieder etwas Anderes auf dem Trainingsplan steht. Pizza ist zwar klasse, aber jeden Tag und jahrelang? Variiere nicht nur die intensiven Einheiten, sondern bringe auch Abwechslung bei den Grundlagentrainings rein. Zum Beispiel indem Du die Strecke oder Richtung änderst, indem Du Deine Trainingszeit anders einteilst oder denke Dir andere Varianten aus, um Dich aus dem Trainingstrott zu befreien. Ein weiterer häufiger Grund ist, dass der aktuelle Trainingsreiz für den Körper keine Herausforderung (mehr) darstellt, die ihn zu einer Verbesserung zwingt. Steigere deshalb kontinuierlich Deinen Trainingsumfang. Die Trainingswochenstunden erklären die Gesamtbelastung dabei nur teilweise. Über die Zeit kann man vor allem dann die Trainingsbelastung abschätzen, wenn man immer in etwa den gleichen Mix an intensiven, schnellen und langsamen Läufen absolviert. Trainingskilometer berücksichtigen die Belastung des passiven Bewegungsapparates schon etwas besser. Ein Blick auf die verbrauchten Kilokalorien bzw. Kilojoule, als physikalische Einheit der Energie, berücksichtigt viele Aspekte des Trainingsstresses, aber am besten behält man als drei – Trainingswochenstunden, Trainingskilometer und verbrauchte Kilokalorien – im Auge.
Georg Hasselmann
Fachgruppenleiter Leistungsdiagnostik, Standortleiter Leistungsdiagnostik Abtwil und Winterthur
Radsport Trainer A Swiss Cycling, Jugend&Sport Experte Radsport
Wer ist Medbase?
Medbase ist das grösste multidisziplinäre sportmedizinische Netzwerk der Schweiz und bietet spezialisierte sportmedizinische Dienstleistungen für Athletinnen und Athleten, Vereine und Sportverbände aller Aktivitätsstufen in den Bereichen Sportmedizin, Sportphysiotherapie, Leistungsdiagnostik und Trainingsberatung.
( Georg Hasselmann)